
Coffee Farm Training in Nicaragua
Unsere Kaffeeladen Mitarbeiterin Vanessa zu Besuch auf einer Kaffeefarm in Nicaragua. Was eine Woche Intensivtraining beinhaltet und was Vanessa in der Zeit alles so erlebt hat, erzählt sie nun im ersten Teil ihres Erlebnisberichtes.
Ich heisse Vanessa und arbeite seit nun einem Jahr im Adrianos Kaffeeladen. Ich berate unsere Kunden*innen in Sachen Kaffee und Kaffeemaschinen und gebe auch Homebarista Kurse. Ich selbst bin ein grosser Kaffee Aficionado und es mag kaum erstaunen, dass es schon immer mein Wunsch war, in ein Ursprungsland des Kaffeeanbaus zu reisen. Hautnah dabei zu sein, wie eine Bohne gepflanzt, dann geerntet wird und schlussendlich zu sehen, wie der Kaffee in der Tasse landet. Mein Traum wurde erst gerade Wirklichkeit. Ich durfte Anfang Januar nach Südamerika reisen, genauer: an ein Coffeefarm Training in Dipilto in Nicaragua organisiert durch die Adrianos Freunde der «Kaffeemacher Akademie» in Basel.

Ein paar Stunden Flugreise und weitere vier Stunden im Auto von Managua in den hohen Norden des Landes, waren meine Trainings-Kameraden und ich nun also auf der Finca el Árbol angelangt. Leiterin Claudia Lovo, Leiter Tim Willems und die Farmarbeiter begrüssten uns herzlich und Adelaida wartete bereits mit dem Abendessen auf uns. Da es bereits dunkel war, konnten wir nur erahnen, welch Pracht von Aussicht uns am nächsten Morgen erwarten würde…
Señor Chávez und die Kaffeefarm
Dank des Jetlags waren wir alle ziemlich früh auf den Beinen und konnten den ersten Sonnenaufgang geniessen. Mit unserer Vermutung lagen wir richtig: der Blick ins Grüne, der frische Duft von Kaffee und den hausgeklopften Fajitas zum Frühstück bestätigte, was wir am Vorabend nur gefühlt hatten. Ein kleines Stück vom Paradies lag uns zu Füssen und auf dem Teller: Reis, Bohnen, Fajitas und frische Früchte, dazu der Blick über die grüne Farm. Einfach fantastisch! Einzig der Kaffee war zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, da die Nicaraguaner ihn sehr süss mögen.

Nach dem reichhaltigen Frühstück ging es ans Eingemachte. Wir lernten unseren Pflanzenkundenlehrer Señor Oscar Chávez kennen. Das war auch zugleich die erste Lektion: der Kaffee ist nur so gut, wie seine Pflanze. Daher ist es essentiell die Pflanzen und die möglichen Schäden zu erkennen, um eine gute Qualität gewährleisten zu können.

Wir fuhren auf die Kaffeefarm der Kaffeemacher mit dem Namen «Santa Rita», um die ersten getrockneten Kaffeebohnen in die Erde zu setzen. Natürlich stets unter dem prüfenden Blick von Señor Chávez, schliesslich sollen diese in ein paar Jahren auch hoffentlich eine gute Ernte einbringen. Über 43'000 Kaffeepflanzen sind auf der Farm verteilt zu finden, allesamt verschiedenster Varietäten, und auch wir durften einigen Pflanzen ein neues Zuhause geben. Wichtig dabei ist, dass die einzelnen Bäumchen auch genügend Raum erhalten. Genauer: 1,5 Meter rundherum, damit diese Wurzeln schlagen können.

Auf dem Weg zurück ins Camp kamen wir nicht umher, uns an den reichlichen Mandarinenbäumen zu bedienen. Denn die Früchte haben dieselbe Blütezeit wie die Kaffeepflanzen. Grossartig! Am Abend stand ein weitererder Theorieteil auf dem Programm, bevor es ans Abendessen (natürlich mit Reis und Bohnen) und dann ins Bett ging. Die vielen Eindrücke mussten zuerst mal verarbeitet werden.

Über Kaffeekrankheiten und andere Käfer
Die nächsten zwei Tage verbrachten wir vor allem mit dem Büffeln von Pflanzenkunde, insbesondere die Krankheitsbilder einzelner Kaffeebaumblätter nahmen wir dabei unter die Lupe. So zum Beispiel gibt es den «ojo de gallo» eine weit verbreitete Blattkrankheit, die wir anhand von gelben und braunen Punkten identifizieren können. Anhand dieser Analysen erkennt man also, was dem Kaffeebaum fehlt. Zu viel Sonne schadet den Pflanzen, zu viel Schatten ebenso. Ein schwieriges Unterfangen! Ein Kaffeebaum ist nämlich erst nach 5 Jahren komplett erntereif, vorher variieren die Erträge. Daher ist die Pflege des Bodens und der Pflanzen das A und O.

Besonders aufpassen muss man, wenn man einem Broka Käfer begegnet! Die kleinen Insekten nisten sich nämlich gerne in die Kaffeekirschen, legen dort Eier ab und führen dazu, dass der Kaffee ungeniessbar wird. Aus diesem Grund hoben wir auch stets alle Kaffeekirschen vom Boden auf, damit wir es dem Käfer nicht noch leichter machen. Ein weiteres Hilfsmittel, welches die Kaffeefarmen einsetzen, ist ein natürliches Düngemittel. Wenn jedoch bereits ein grosser Befall besteht, zum Beispiel durch die Broka Käfer, dann wird auch mal auf ein chemisches Spritzmittel zurückgegriffen. Diese sind jedoch ziemlich kostspielig und werden nur im Notfall punktuell eingesetzt.
Just the ripe cherries!
Um 4.45 Uhr klingelt der Wecker, wenn man Kaffeekirschen pflücken geht. Der frühe Vogel fängt in dem Fall die Kirsche. Gemeinsam mit den Farmarbeitern versammelten wir uns vor der Finca und erhielten unsere Arbeitsutensilien für den Tag: einen Bambuskorb zum Umschnüren und einen weissen Umhängesack. Wir wurden alle einem sogenannten «Picker», also Kirschenableser, zugeteilt. Mein Gspändli, erst 16 Jahre jung und eines von zehn Kindern, erzählte mir, dass er aus einem Bauernbetrieb von Matagalpa stammt. Wir versuchten und mit Händen und Füssen zu unterhalten, ihn interessierte brennend, wie das Leben in der Schweiz so aussieht. Er zeigte mir dafür seine Tricks, wie ich die Kirschen effizient vom Strauch kriege und meinen Korb füllen kann. «Just the ripe cherries» ermahnte er mich. Nach gut 2.5 Stunden war mein Korb halb und mein Herz voller Stolz gefüllt. Das Gefühl war ich aber schnell wieder los, als ich den Korb meines Gspändlis bewunderte, er hatte in derselben Zeit das Dreifache geschafft. Respekt!

Während wir uns den weiteren Schritten der Kaffeeverarbeitung widmeten, pflückten die Picker ganze sechs Stunden weiter. Sie müssen es schliesslich schaffen pro Tag rund 3x 13 Kilogramm Kirschen abzulesen, da sie üblicherweise pro Korb bezahlt werden. Die Finca el Árbol ist hier jedoch die Ausnahme: die Farmarbeiter erhalten für die vereinbarte Menge an Kirschen ein festes Gehalt, respektive nach zwölf Tagen Arbeit erhalten sie Lohn und haben danach zwei Tage frei.
Nach dem Ablesen ging es ans Protokollieren unserer Arbeit: Die Kaffeekirschen werden im Wasser nach guten und schlechten eingeteilt und erkannt. Die guten Kirschen sinken auf den Boden, die schlechten schwimmen oben auf. Danach werden sie auf ein Gitter ausgelegt und aufgrund ihrer Farbe nochmals aussortiert. Nur die Mittelroten werden weiterverarbeitet, die Dunkelroten sind Indiz für Überreife und ein Gelbstich für Unreife. Es lohnt sich also genau hinzusehen.

Coffee Tasting & time to say goodbye
Fünf intensive und spannende Tage lagen hinter uns und die letzte Etappe führte uns ins Departamento Nueva Segovia. Dort besuchten wir eine Trocknungsanlage, die sehr modern ausgestattet war. Ein angebrachter QR-Code liefert via System Informationen über die einzelne Ernte.

Natürlich liessen wir es uns nicht nehmen den Kaffee auch gleich zu degustieren. Drei verschiedene Cuppings von Cup of Excellence erwarteten uns. Der Name behielt recht. Exzellent!

In Matagalpa angelangt, besuchten wir eine weitere Trocknungsstation, drei Mal so gross wie das Wankdorfstadion in Bern! Hier wird für den Grosshandel getrocknet, täglich kommen so 45 Tonnen Kaffee zusammen. Auch hier versuchten wir uns ans Cupping und stellen schnell fest, dass uns der Cup of Excellence Kaffee einfach besser schmeckte.


Dies war auch die letzte Station und somit machten wir uns alle wieder auf die Heimreise. Insgesamt eine intensive, lehrreiche und spannende Woche! Meine Leidenschaft für Kaffee ist dadurch nur noch grösser geworden ebenso der Ansporn noch mehr über das Handwerk der Kaffeeverarbeitung und -zubereitung zu erfahren. Ein tolles Team machte die Reise perfekt und ich weiss jetzt schon, das ist nicht mein letzter Besuch in Nicaragua gewesen. Schliesslich haben wir noch keinen Kaffee aus Nicaragua im Adrianos Sortiment, dies könnte sich allerdings nach meinem Besuch ändern – wir bleiben dran!

The Story continues…
Nun hast du erfahren, wie es an so einem Coffeetraining zu und her geht. Was ich aber im Detail über den Kaffee gelernt habe, verrate ich dir im kommenden zweiten Teil meiner Nicaragua-Reiseberichterstattung. Stay tuned!
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