
Entkoffeinierter Kaffee: Decaf 2.0
Innerhalb von einem Jahr zwei verschiedene koffeinfreie Kaffees bei Adrianos? Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen und nun liegen regelmässig neue Muster auf dem Cuppingtisch und warten auf die sensorische Prüfung.
Decaf hat in der Kaffeebranche leider einen schlechten Ruf und muss sich mit vielen Vorurteilen rumschlagen. Doch liegt es oft an der Zubereitung und nicht am Grundprodukt. Vorgemahlenes Pulver, schnell ein Löffelchen in den «Kolben» gekippt und schon blubbert die blasse Flüssigkeit in die Tasse.
Noch schlimmer ist die Kombination von einem E.S.E. mit einer Siebträgermaschine. Die Extraktion ist ungleichmässig, das Resultat ein wässeriges Kaffeegetränk mit flacher Crema. Macht nix, sieht ja immer so aus und trinken würde ich das selbst niemals.
Decaf halt.
Why no Decaf?
Deshalb bieten wir bis heute keine koffeinfreie Kaffeegetränke in unseren Kaffeebars an. Eine separate Mühle, den richtigen Mahlgrad und frische Bohnen wären die Voraussetzungen dazu. Da koffeinfreier Kaffee sehr unregelmässig bestellt wird, sind Frische und die perfekte Einstellung der Mühle sehr schwierig umzusetzen. Deshalb lieber aufs Angebot verzichten, auf eine Alternative verweisen, statt etwas auszuschenken, was man selbst nicht trinken würde. Aber hey, man weiss ja nie, plötzlich steht doch noch eine Mühle auf der Theke und vermahlt euch einen superfrischen und schön extrahierten Espresso in die Tasse….
Bei den E.S.E. 44mm Pads sieht die Lage schon wieder anders aus. Luftdicht und einzelverpackt machen die 7g Kaffee Decaf in der aluminiumfreien Verpackung Sinn. Abends einen Espresso nach dem Nachtessen, Besuch vom hibbeligen Freund oder eine Unverträglichkeit im Zusammenhang mit Koffein lassen gerne auf die neutrale Kaffeeportion zurückgreifen. Aber bitte, dann mit einer richtigen Padmaschine, merci!
Nun aber Vollgas
Weil wir jahrelang selbst auf die oben genannten Vorurteile gehört haben, kam erst vorletztes Jahr der Gedanke für einen eigenen Decaf auf. Wenn dann aber in einer Top Qualität, ohne grossen Nebengeschmack der Entkoffeinierung und natürlich direkt bei den Produzent*innen eingekauft.
Eine wichtige Rolle hat für uns auch das Verfahren zur Koffeinentnahme gespielt. Ein «Swiss Water Decaf Process» Kaffee sollte es sein, nur mit Wasser und Druck wird der Bohne das Koffein entzogen, ohne Lösungsmittel und Chemikalien. Doch schlussendlich hat in der Blindverkostung der Geschmack entschieden und 600kg Kaffee von der ASCAFE association in Kolumbien machten sich auf den Weg zu uns.
Der Kaffee wurde mit der Aufbereitung «Sugar Cane» entkoffeiniert, wo natürliche Lösungsmittel auf Basis von Zuckerrohr zur Entkoffeinierung eingesetzt werden. War nicht unsere Wunschvorstellung, doch gut Ding will Weile haben. Und wenn wir schon koffeinfreie Pads produzieren, dann nehmen wir die ganzen Bohnen doch auch gleich ins Angebot auf. So entschieden wir damals.
Und haben es bis heute nicht bereut. Im Gegenteil. Das Feedback von euch war überaus positiv, der relativ hohe Einkaufspreis von $11 pro Kilo hat sich bezahlt gemacht und schon bald waren mehr als die Hälfte der 600kg geröstet und abgepackt. Nachschub musste her.
Rancho San Felipe
Und da kommt Benni aus Österreich mit seiner Frau Melissa von der Rancho San Felipe aus Mexiko ins Spiel.
Auf Empfehlung einer anderen Rösterei standen sie im letzten Herbst mit Melissas Vater, Don Rafael, im Adrianos und haben uns ihr Projekt vorgestellt. Melissa ist mit ihrer Schwester Jimena im Jahr 2016 ins Familienunternehmen eingestiegen und hat von ihrem Vater in der 3. Generation das Handwerk erlernt. Die Farm und gleichzeitig Dry Mill liegt auf 1200 Meter über Meer im Dorf Neria und wird von 18 Kleinproduzenten aus der "Sierra del Gallego"bedient.


Das Ziel: gemeinsam eine faire, soziale und ökologische Produktion und gleichzeitig eine aussergewöhnliche Kaffeequalität zu erzeugen. Das Dorf befindet sich in einem tropischen, feuchten Mikroklima mit überwiegend Kalksteinboden. Darauf werden die Arabicavarietäten der Hybridsorten Catimor und Sarchimor angebaut. Die Ernte passiert zwischen Dezember und April, alles in Handarbeit. Dann werden die Kirschen auf San Felipe aussortiert, gewaschen und danach zu Descamex transportiert, wo die weitere Verarbeitung stattfindet.


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Kurze Wege und grosse Schritte zur Nachhaltigkeit
Descamex entkoffeiniert mit dem «Mountain Decaf Process» die Bohnen und liegt nur wenige Kilometer von der Rancho San Felipe entfernt. Bis zum Hafen von Veracruz sind es dann noch ca. 100km, wo der Kaffee ins Schiff verladen wird und nach Europa kommt.
So liegen nur wenige Kilometer zwischen Anbau, Aufbereitung auf San Felipe und schlussendlich zu Descamex. Ein kleiner Beitrag zum globalen CO2 Ausstoss mit einer grossartigen Story dahinter.
Und das beste an der Geschichte: Unser einst angedachter Jahresvorrat von 600kg ist bereits nach 8 Monaten aufgebraucht und zur Überbrückung bis zur neuen Ernte aus Mexiko hat uns Rancho San Felipe eine Palette von ihrem Lager in Deutschland geschickt. Und so kommst du nun schon vor der geplanten Einführung des Decaf 2.0 in seinen Genuss. Ein schwerer und runder Espresso, schokoladig und würzig. Mit sehr wenig Säure, was aussergewöhnlich ist für einen Decaf.
Das freut uns. Und dich hoffentlich auch. Auf eine gute Kaffeequalität. Auch ohne Koffein.
Decaf Pads – coming soon!
Stand: 30. März 2022
Wer noch in den Genuss des kolumbianischen Decafs kommen mag, der kann ihn aktuell noch als Pad geniessen. Bald wird auch dieser durch den mexikanischen ersetzt. Pads Decaf 2.0 – hasta pronto!
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